Ergänzung zu meinem Artikel im Magazin t3n, Nr. 38, 1. Quartal 2015
Jeder Konflikt kann gelöst werden
Das heißt nicht, dass auch jeder Konflikt wirklich gelöst wird... denn das hängt sehr stark vom Meeting-Leader, den einzelnen Teilnehmern und deren Beziehung zueinander ab. Die schlechte Nachricht ist: 20% aller Konflikte benötigen Verhandlungen und 10 % können nur durch einen Schiedsspruch (in unserem Fall beispielsweise durch den Leiter des Meetings) gelöst werden. Die Gute Nachricht ist: 70% aller Konflikte lassen sich durch eine verbesserte Kommunikation lösen. In diesem Beitrag zeige ich Ihnen, was Sie dafür tun müssen.
Kommunizieren Sie auf allen Ebenen
Zwei Ebenen der Kommunikation bestimmen unser Leben: Dies sind einerseits die Sachebene und andererseits die Gefühlsebene. Auch in Meetings müssen Sie stets beide Ebenen berücksichtigen, wenn Sie erfolgreich kommunizieren wollen. Was bedeutet erfolgreich in diesem Zusammenhang? Nun - es kommt nicht so sehr darauf an, was Sie sagen. Viel wichtiger ist es, was von den Teilnehmern im Meeting verstanden wird. Wird Ihre Botschaft, Ihr Auftrag, Ihre Frage so verstanden, wie Sie es gemeint haben, sprechen wir von erfolgreicher Kommunikation. Leider ist dies nicht oft der Fall.
Die Sachebene beinhaltet alles Rationale, wie Daten, Fakten und Argumente. Vereinfacht könnte man sagen, diese Ebene steht für die verbale und mediale Kommunikation. Auf der Gefühlsebene spielen sich hingegen die weitaus wichtigeren Dinge ab. Hier kommt unser Beziehungsstatus den Kommunikationspartnern gegenüber zum Tragen. Hier zeigt sich in der Intonation unserer Stimme, "wie" wir etwas sagen. Wenn Sie zum Beispiel eine Notlüge in einem Meeting vorbringen wollen, müssen Sie sich darüber im Klaren sein, dass Ihr Körper nicht lügen kann und Ihre Körpersprache Sie möglicherweise verraten wird. Unsere non-verbale Kommunikation ist auf der Gefühlsebene angesiedelt. Das Verhältnis der beiden Ebenen ist mit 70:30 bei weitem nicht ausgeglichen. Mindestens zu siebzig Prozent kommunizieren wir auf der Gefühlsebene und maximal zu dreißig Prozent auf der Sachebene. Dies geschieht so, egal ob Sie es wollen oder nicht bzw. ob es Ihnen bewusst ist oder nicht. Deshalb sollten Sie vor jedem Meeting bedenken, in welchem Verhältnis Sie zu den anderen Teilnehmern stehen und wie es Ihre Art zu kommunizieren beeinflussen wird.
Nützen Sie Konflikte zu Ihrem Vorteil
Auf den ersten Blick mögen Konflikte nichts Positives sein. Riskieren Sie einen zweiten Blick und Sie werden erkennen, dass notorische "Ja-Sager" Ihnen auch nicht weiterhelfen werden. Sie brauchen den Konflikt als Zündstoff für ein Feuerwerk der Ideen.
Das Gute an Konflikten ist:
- Konflikte steigern die Motivation und Energie zur Durchführung einer Aufgabe.
- Konflikte fördern das innovative Denken durch eine größere Vielfalt an Standpunkten.
- Standpunkte müssen noch am Besprechungstisch erklärt und untermauert werden.
- Aktives Zuhören und Abwägen unterschiedlicher Argumente ist für das Finden eines Konsens nötig.
Weshalb wir hartnäckig sind
Besonders in Meetings kommt es immer und immer wieder zu den selben Konflikten. Die Ursache dafür sind gestörte Beziehungsverhältnisse der Teilnehmer untereinander. Fast immer ist eine vorangegangene Verletzung auf der persönlichen Ebene Grund für einen starken Mangel an Kommunikationsbereitschaft.
Die Konflikt-Klassiker in Meetings sind:
- Mangel an Kommunikation der Besprechungsteilnehmer untereinander.
- Verschiedene Ansichten zum selben Thema.
- Unterschiedliche Einschätzung der Situation in der sich das Team befindet.
- Kein gemeinsames Ziel der Teilnehmer für das Meeting, das Projekt...
Aber wieso sind wir eigentlich so dermaßen hartnäckig, wenn es darum geht, unsere Meinung durchzuboxen? Wir beharren auf unserem Standpunkt, wenn uns das Thema besonders wichtig ist oder wenn wir meinen, auf diesem Gebiet Experte zu sein. Daraus ergibt sich, dass wir nur schwer bereit sind, Kompromisse einzugehen, wenn die Diskussion entgegen unseren Erwartungen verläuft.
Treffen unterschiedliche Standpunkte aufeinander, stehen sich oftmals auch unterschiedliche Machtverhältnisse gegenüber. Müssen wir mit unserem Vorgesetzten über einen Kompromiss verhandeln, neigen wir eher dazu nachzugeben, denn wir fürchten Vergeltungsmaßnahmen. Hier kommt die Gefühlsebene wieder stark zum Tragen. Niemand möchte in "Ungnade" fallen. Eine gute Beziehung zur gegnerischen Seite soll also auch nach der Diskussion erhalten bleiben, dies fördert die Bereitschaft zur Kooperation.
Respekt ist ein weiterer wichtiger Faktor in Diskussionen. Respektieren wir unser Gegenüber, hören wir auch aktiv zu und versuchen im Bestfall auch, die Gegenargumente zu verstehen. Im Meeting ist es deshalb wichtig, dass alle Teilnehmer dasselbe Ziel verfolgen. Erkennen die Parteien, dass ohne die Mithilfe der gegnerischen Seite eine Verwirklichung der Ziele nicht möglich ist, wollen sie auch kooperieren.
Die möglichen Reaktionen von Meeting-Teilnehmern in Konfliktsituationen lassen sich auch in Abbildung 1 ablesen. Beharrt ein Teilnehmer mit geringer Hartnäckigkeit auf seinem Standpunkt und ist auch nicht bereit zu kooperieren, wird er mit hoher Wahrscheinlichkeit den Konflikt meiden. Ist der Teilnehmer aber sehr hartnäckig, um seine Meinung durchzusetzen und signalisiert gleichzeitig geringe Kooperationsbereitschaft, so wird er seinen Standpunkt auch durchsetzen wollen. Zusammenarbeit unter Teilnehmern im Meeting ergibt sich nur dann, wenn eine große Hartnäckigkeit vorherrscht, die Beteiligten aber auch bereit sind zu kooperieren, um das übergeordnete Ziel zu erreichen. Nachgeben kommt meist nur dann in Frage, wenn der Teilnehmer bereitwillig kooperiert, seinen Standpunkt aber nicht mit aller Vehemenz verfolgt.
Moderieren Sie das Meeting
Am Anfang jeder Konfliktlösung steht die Abklärung der Zielsetzung. Fragen Sie als Moderator nach den Zielvorstellungen der gegnerischen Parteien. Unterschiedliche Besprechungsziele können auch auf Missverständnissen basieren, die durch eine offene Aussprache leicht geklärt werden können. Sorgen Sie dafür, dass die Teilnehmer einander in der Diskussion aktiv zuhören. Viele Menschen hören, während ihr Gegenüber ein Statement vorbringt nicht zu, sondern formulieren derweilen gedanklich ihren eignen Standpunkt aus.
Wenn kein aktives Zuhören während des Meetings stattfindet, müssen Sie als Moderator die Diskussion stoppen. Lassen Sie die Parteien nacheinander jeweils die Standpunkte der Gegenseite zusammenfassen.
Im Anschluss erarbeiten Sie mit allen Teilnehmern Alternativlösungen, die den kontroversen Standpunkten gerecht werden können. Bereiten Sie sich mental darauf vor, dass manche Menschen nur schwer in der Lage sind, andere Möglichkeiten zu erkennen. Konzentrieren Sie sich deshalb in dieser Phase des Lösungsprozesses auf jene Teilnehmer, die keiner der beiden Expertenseiten angehören. Sie können jetzt wertvolle Beiträge zur Alternativlösung beisteuern.
Auch ein Vertagen des Meetings ist eine Möglichkeit, Konflikte zu entschärfen. Diese Karte sollten Sie als Moderator ausspielen, wenn eine Partei Zeit zum Überdenken der kontroversen Standpunkte und Lösungsansätze braucht. Vertagungen machen auch Sinn, wenn ein Teilnehmer sein Gesicht wahren möchte nachdem er beispielsweise zu emotional reagiert hat. Würden Sie ihm keine Zeit geben die Situation zu reflektieren, könnte er nicht ohne Gesichtsverlust die logisch besseren Argumente der Gegenseite akzeptieren.
Methoden zur effizienten und effektiven Konfliktlösung
Leider gibt es kein allgemein gültiges Rezept, um jeden Konflikt in Wohlgefallen aufzulösen. Jeder Disput muss für sich betrachtet und analysiert werden. Achten Sie dabei vor allem auf die Beziehungsebene, auf Emotionen die im Spiel sind und auf das Verhältnis in dem die beiden Parteien zueinander stehen.
Für Meetings sollten sie generell immer zeitliche Begrenzungen vorgeben. Dies kann auch für Diskussionen innerhalb von Besprechungen ein effektiver Weg sein um rasche Lösungen herbeizuführen. Setzen Sie, falls erforderlich, ein zeitliches Limit für Diskussionen fest. Denn wissen die Streithähne, dass ihnen nicht viel Zeit bleibt, um ihr Revier abzustecken und sich Gehör zu verschaffen, tun sie dies meist auf direktem Weg und bringen ihre Argumente auf den Punkt. Sie sparen sich also lange Wortspenden, die am Ende nichts anderes als Zeitverschwendung sind.
Binden Sie alle Meeting Teilnehmer in den Prozess der Konfliktlösung ein. Nützen Sie vor allem jene Personen, die sich keiner der streitenden Parteien angehörig oder verpflichtet fühlen. Deren Inputs können helfen, auf objektiver Ebene einen Kompromiss zu erwirken mit dem alle Beteiligten weiter arbeiten können.
Überfordern Sie Ihre Besprechungs-Teilnehmer nicht. Geben Sie ihnen Zeit zum Überlegen.
Oftmals muss man Argumente erst wirken lassen und vielleicht sogar eine Nacht darüber schlafen. Ich verstehe, wenn Sie nun die Stirn runzeln und denken: "Das ist alles schön und gut - dafür haben wir aber keine Zeit." Manchmal reicht es bereits, eine spontane Pause einzuräumen. Unterbrechen Sie das Meeting für 15 Minuten. Geben Sie Ihren Teammitgliedern aber die Chance, Ihre Argumente in Ruhe zu überdenken, können sie sich aus eigener Überzeugung mit Ihrem Lösungsansatz identifizieren und diesen mittragen. Daraus ergibt sich eine weitaus stärkere und verbindlichere Unterstützung, als hätten Sie die Teilnehmer im Meeting "überfallen", "überrumpelt" oder "überredet".
Überlegen Sie, ob Ihre geplanten Punkte der Agenda auch in diesem Meeting-Setting besprochen und beschlossen werden können. Falls nicht, sollten Sie gewisse Entscheidungen einem Unterausschuss zuteilen. Bei einer zu großen Teilnehmerzahl im Meeting kann bei nicht stark involvierten Anwesenden rasch Langeweile aufkommen. Dies beeinträchtigt die Motivation der übrigen Teilnehmer und lässt die Produktivität in den Keller sinken.
If nothing goes right - go left...
Wenn Ihnen die Konfliktsituation aussichtslos erscheint, da sich die beiden kontroverser Parteien nicht annähern wollen, empfehle ich Ihnen die Polaritäten-Methode. Nehmen wir also an, im Meeting herrscht eine nicht enden wollende Diskussion. Keine Partei möchte einen Schritt auf die andere zugehen. Beide stellen nur Forderungen und vielleicht auch Beschuldigungen in den Raum. Ihnen als Leiter des Meetings wird klar, dass Sie ehest möglich handeln müssen. Was tun?
- Sie unterbrechen die Diskussion für eine bestimmte Zeit.
- Sie zeichnen auf einem Whiteboard (oder einer FlipChart) eine Skala von -5 bis 5 auf (siehe Abbildung 2). 0 bedeutet der Teilnehmer ist neutral eingestellt. -5 bedeutet der Teilnehmer kann den Kompromissansatz (Lösungsvorschlag, das Argument, die Streitfrage...) nicht akzeptieren und nachvollziehen. Die negativen Zahlen stehen also für Ablehnung. +5 hingegen steht für eine absolute Befürwortung des Kompromissansatzes (Lösungsvorschlags, des Arguments, der Streitfrage...) seitens des Teilnehmers.
- Danach lassen Sie alle Teilnehmer ihre Position auf der Skala eintragen (siehe Abbildung 3). Jeder soll mit einem Zeichen markieren an welcher Stelle der Skala er steht.
- Jetzt wird es spannend: Sie bitten nun alle Teilnehmer, die sich PRO ausgesprochen haben, zu erklären, weshalb die anderen sich CONTRA ausgesprochen haben und umgekehrt. Sie bitten also beispielsweise einen Befürworter des Kompromisses, sich begründet gegen den Kompromiss auszusprechen (siehe Abbildung 4). Dadurch führt der Teilnehmer sich die gegnerische Ansicht selbst vor Augen. Er schlüpft sozusagen in die Rolle seines größten Kritikers und kann dessen Position dadurch besser verstehen. Seine Kompromissbereitschaft wird dadurch mit Sicherheit erhöht.
- Zum Schluss bitten Sie jene Teilnehmer, die dem Kompromissansatz (Lösungsvorschlag, dem Argument, der Streitfrage...) NEUTRAL gegenüberstehen, Alternativen zu suchen, die nach Möglichkeit die Forderungen beider Parteien (pro und contra) erfüllen (siehe Abbildung 5).
So können Sie Konflikten und Meinungsverschiedenheiten in Meetings souverän begegnen und diese effektiv auflösen.
Weitere Infos zum Thema Effizienzsteigerung und mehr Effektivität in Meetings finden Sie in meinem Artikel im Magazin t3n, Nr. 38, 1. Quartal 2015 oder hier: Zeitfresser Meetings! Mit diesen Tipps werden Ihre Besprechungen produktiv